Ein kleines Sommermärchen an der Ostsee:
Usedom & Rügen 2019
An die See! An die See? Ost- oder Nordsee? Das ist dann immer die Frage. Nein, ist sie nicht. Denn eigentlich stellt die sich garnicht. Denn Ostsee und Nordsee kann man nicht einfach so vergleichen. Allenfalls unter ‚geologistischem’ Aspekt. Denn aus unserer hiesigen, rheinischen Perspektive ist die Ostsee einfach weit, fast zu weit weg, um da mal eben Urlaub zu machen. Wochenende heisst bei uns dann ganz einfach Nordsee – Holland! An die Ostsee fährt man daher ganz gezielt und mit guter Überlegung für einen Urlaub in Deutschland hin. Und dann allenfalls die Frage, in den Westen nach Schlewig-Holstein oder Osten, Darß, Rügen, Usedom oder so?!
OK, diesmal ->Usedom, ganz an die östliche Grenze der Republik und dann nach ->Rügen. Zwei Inseln in der Ostsee. Inseln? Damit geht’s schon los 🙂 Die Brücke bei ->Zecherin über den ->Peenestrom auf die ‚Insel’ Usedom ist kleiner, bescheidener als eine ganz herkömmliche Rheinbrücke. 🙂Und dann das Land dahinter, das auf der Insel, ist nicht viel anders als vorher das mecklenburgische Festland. Felder, Felder, Wälder,Dörfer. Und das bis direkt ans Meer – die Ostsee. Und das macht den Hauptunterschied zur Nordsee aus. Kein Dünenvorland, keine sandigen Kiefernwälder. Blühende Kornfelder oder lauschige Buchenwälder bis unmittelbar das, was man hier Strand nennt. Ein meist recht schmaler Streifen Sand. Schon vorher angekündigt durch Campmobile oder Zelte unter den Bäumen. Und dann, zack bumm, ist man am Ostsee-Strand. Was dann aber wieder fehlt, ist die Brandung, das ewige Rauschen der Meereswogen. Wellen ja, aber nett seicht und leise. Also ideal für den Familienurlaub mit Kindern. Denn Sand für Burgen ist schon genügend vorhanden. Also wie geschaffen für einen ruhigen, gemütlichen Urlaub – sogar im Grünen.
Auch wieder einer dieser positiven Merkmale: Ganz gleich ob Tagestour per pedes oder Fahrrad oder sonstige Tagesaktivität – ein kühles Bad am Abend ohne Öffnungszeiten zu beachten lädt stets ein. Oder auch mitten drin in so einer Radtour, Badetuch sollte also immer dabei sein.
1.Woche also Usedom, ->Heringsdorf. Eines der drei ->Kaiserbäder. Und ja, schon zwingen sich wieder herausragende Unterscheidungsmerkmale zum Vergleich Nordsee auf. Gewaltige – gerade in diesen drei Ostseebädern, die gemeinsam die längste zusammenhängende Strandpromenade Europas bilden! Die Europapromenade. Und was für eine Promenade. Wie an einer Perlenkette sind hier eine Un-/Vielzahl höchstherrschaftlicher Villen aneinandergereiht. Luxuriöse Villen oder Herrenhäuser, meist als Strandhotels genutzt, hat es auch an der Nordsee. Natürlich. Aber, wie der Name schon sagt: Kaiserbäder. Das ist ganz was anderes. Und für unsereins als Nachkriegskind und Wessi höchstüberraschend. Zumal all diese Häuser auf das prächtigste herausgeputzt sind. Die meisten sind Hotels, Ferienwohnungs-Ressorts, Kliniken – aber auch allerhand Privathäuser. Und sehr oft in herrlichen Parkanlagen gelegen. Immer wieder von Restaurants oder Cafes ergänzt. Und für uns als Radfahrer das Paradies: die gesamte Promenade von ->Bansin über Heringsdorf bis ->Ahlbeck ist gleichzeitig Radweg. Der dann ohne Unterbrechung bis nach Polen, nach ->Swinemünde (Swinoujscie) führt. Dort, etwas ab vom Meer, mitten durch den Hotelbezirk mit einer eleganten ‚Fressmeile’ bis zur Mündung der ->Swine in die Ostsee. Bis zur ->Mühlenbarke an der Westmole. Und mindestens ein Matjesbrötchen, pardon Heringsbrötchen, ist an der Fressmeile ein Muss. Nicht nur des Preises wegen.
Hat man also in Heringsdorf seine Zelte aufgeschlagen, heisst die alltägliche Frage: links rum oder rechts rum. Rechtsrum ist der Weg nach Polen. Links rum geht’s nach Bansin. Und von dort aus, auch via bestausgezeichneter Radwege nach ->Ückeritz, ->Loddin, ->Koserow bis z.B. nach ->Zinnowitz. Bis Koserow quasi immer mehr oder weniger entlang der Strände. Die Strecke führt in grossen Teilen durch lichte Buchwälder, bergauf-bergab<
entlang einer Steilküste. Und immer wieder kleine Ausfluglokale, Campingplätze oder Restaurants. Die Orte hier sind jetzt nicht mehr ‚kaiserlich’ sondern schlicht bürgerlich mit den üblichen kleinen Hotels, Pensionen, Ferienhaus-Kolonien. Zwischen ->Zempin und Zinnowitz fährt man mitten durch einen nicht enden wollenden Campingplatz entlang des Waldrandes. Wirkt ein bisschen wild. Hat aber Strom, teilweise und Sanitäranlagen, zwischendurch. Radstrecke Heringsdorf – Zinnowitz sind gute 30 km, rauf und runter, weit weg von störendem Autoverkehr. Und zurück? Mit dem Rad – oder ganz bequem mit der UBB – der ->Usedomer-Bäder-Bahn.
Eine weitere empfehlenswerte Tour, diesmal nach Süden zum ->Kleinen Haff/Stettiner Haff. Rechts-rum. 🙂 Bis Ahlbeck, Höhe Rathaus. Von dort ein grosses Stück bergauf-bergab durch den hellen Buchenwald, fast wie bei uns im Bergischen-Land, bis zum –>Wolgastsee. Kaffee- oder Früh-schoppenpause, Badepause – wonach das Herz begehrt. Entweder direkt am See in einem kleinen Ausflugslokal oder ein paar Meter oberhalb des Sees, in einem gepflegten Ausflugsrestaurant. Mit guter, bürgerlichen Küche. Weiter geht’s, entweder durch die Felder und Heide oder weiter durch den Wald – Schilder beachten, sind nicht allzu häufig oder deutlich, Karte oder Handy dabei ist besser – nach Süden zum kleinen Fischerhafen ->Kamminke. Die Häuser in dem Dörfchen sind meist riedgedeckt und kleben am Steilhang oberhalb des Hafens. Unten empfängt den Urlauber ein zünftiges Hafen-Fisch-Restaurant open-air. Frischer kann der Fisch nicht sein! Gleich nebenan liegt der Flughafen Heringsdorf. Durch Heidelandschaft, Radtouristen müssen dann ein bisschen durch den Sand schieben, und polderähnliche Landschaften, den ->Thurbruch geht es vorbei am ->Gothensee zurück nach Heringsdorf. Der Rad- oder Autofahrer sieht von den Seen leider nicht all zu viel. Dichtes Laubwerk versperrt den Blick und die Feuchtgebiete des Bruchs den Weg zu den Ufern. Meistenteils jedenfalls. Aber egal. Radwege hat es im Bruch eher wenig. Aber der Autoverkehr ist mehr als übersichtlich. Und die Ruhe einfach unbeschreiblich. Das Zwitschern der Schwalben ist oft das einzige Geräusch. Und Schwalben hat es irre viele! Ob man nun allerdings durch entlegene Gegenden im Westerwald oder der Eifel fährt, oder durch die Felder Usedoms!? Nun denn, nach einer langen Tour kann man jederzeit in das erfrischende Nass der Ostsee springen, ohne auf irgendwelche Öffnungszeiten zu achten oder bei einem nicht minder erfrischenden Sprizz die untergehende Sonne goldrot über der See bestaunen. Die Seebrücken bieten das nahezu an – so wie hier ‚bei uns’ in Heringsdorf. Und so eine Seebrücke hat nahezu jedes Seebad zu bieten, das was auf sich hält 🙂
Auch wieder ein kleiner Unterschied zur Nordsee. Seebrücken sind dort dünn gesäht.
OK, schauen wir in der nächsten Woche mal, wie das denn so auf Rügen ist.
2.Woche: ->Rügen
Wir verlassen die ‚Insel’ – schwupp über die Peenebrücke bei ->Wolgast Richtung Westen bis zur Universitäts- und Hansestadt ->Greifswald, am Greifswalder Bodden. Eine Kleinstadt mit imposantem Marktplatz. Könnte durchaus in Konkurrenz zu Brügge o.ä. Marktplätzen treten. Dominiert vom Rathaus, ganz in Rot, und dem ->Dom St. Nikolai, umsäumt von kleinen Gässchen sowie dem Audimax der Universität. Leider wurden große Teile währen der DDR-Zeit ersatzlos abgerissen. Typische Hanse- bzw. Norddeutsche Architektur findet sich u.a. in den Backsteinbauten der Stadtkirchen St.Marien und St. Jacobi sowie der ebenfalls rote Bau der Stadtbibliothek. Und natürlich das Marktgeschehen, wie es sich gehört – vom Bauernbrot, den Hausschlachtungen, frischem Spargel –aus Polen- bis hin zu Nippes wie Handytaschen oder so.
Aber das Ziel hieß ja Rügen. Via ->Stralsund – leider blieb keine Zeit zu einem Besuch der Stadt – ging es über die große Rügenbrücke nach Rügen. Das erinnerte ein bisschen an die Brücke nach Fehmarn. Also schon eher Insel🙂 Die Bundesstrasse ist stark ausgebaut. Als Urlaubsdomizil hatten wir uns ->Sassnitz ausgesucht. Das letzte mal war 2000. Landschaft eigentlich unverändert. Infrastruktur bzw. Orte, Häuser etc. kaum wiederzuerkennen. War damals noch alles ‚DDR-like’ vom Hausbrandgeruch in der Luft bis zu den eher maroden Gebäuden. In einigen Teil von Sassnitz war die aus Usedom mittlerweile vertraute Villenkultur wieder zu finden. Unten im Hafen lockte ein italienisches Restaurant bzw. Gelateria zum Pausieren. Und von hier starten auch die Ausflugsschiffe zum ->Königsstuhl an der imposanten, weissen Kreidefelsküste des ->Nationalparks Jasmund, nördlich an Sassnitz angrenzend. Hier starteten wir unseren Rügenaufenthalt – bei strahlendem Sonnenschein. Die kommenden Tage waren wieder den Radtouren gewidmet. Fahrradfahren, Fahrradwege – das ist kommunales Hoheitsgebiet – und wird entsprechend engagiert geplant. Die Gemeinde, die stärker vom Tourismus profitiert, ist sich der Bedeutung und den Vorlieben ihrer Gäste anscheinend bewusster, als die Gemeinden mit weniger Tourismus. Kurz gesagt, es hat Radwege, teils recht nett und separat der Autostraßen angelegt. Teils völlig vergessen. Die Radwege. Die Strecke Ostseebad Sassnitz – Ostseebad Binz ist so ein klassisches Beispiel. Die Distanz beträgt gute 30 km. Fängt in Sassnitz mit normaler Radspur entlang der Ausfallstrasse an, führt über gut angelegten separaten Radweg nach Süden, in Höhe des Sassnitzer Hafens muss man sich die Straße mit den LKWs teilen, dann wieder separater Weg durch Kiefernwälder und ->Prora hindurch bis Binz. In Binz sind Radwege eher unbekannt. Selbst die Uferpromenade darf mit dem Fahrrad nicht befahren werden. Wie schön war das doch auf Usedom. Aber Promenade, Ufer, Strand, Fußgängerzone: feine Gegend. Fahrräder lassen sich auf zentralem Platz abstellen. Befahren der Fußgängerzone – eigentlich nicht erlaubt. Kümmert sich aber kaum jemand drum. Gleichfalls imposant wie dominant das Kurhaus am östlichen Ende der Promenade. Ein paar Kilometer weiter südöstlich der Küste entlang liegt das Ostseebad ->Sellin. Ein echt gemütlicher und Ruhe ausstrahlender Ferienort. Mit grosser Seebrücke, wie sich das gehört. Von hier lässt es sich angenehm zum nächsten Ostseebad, nach ->Baabe wandern, radfahren, am Strand laufen. Kleine Imbiss-Cafes und Restaurants laden zum relaxen ein. Mit der „Zahnradmonorail“ gelangt man in den oberen Ortsteil, bummelt zurück runter zum Strand und wieder zurück nach Sellin. Oder so.🙂
Der Norden der Insel, von großen Seen, dem ->Kleinen und dem ->Grossen Jasmunder Bodden durchbrochen, ist Landwirtschaft pur. Mit vielen kleinen und kleinsten Ortschaften, kleinen Yacht- und Fischerhäfen, Campingplätzen und Wäldern. Auch hier neben den Kiefern- die von Usedom bekannten Buchenwälder. Ganz im Norden dann das recht bekannte -> Kap Arkona. Das Auto lässt man hier auf großen Parkplätzen stehen und fährt mit einer „Autobimmelbahn“ zu den Leuchttürmen am Kap. Zu Fuß oder dem Rad ist natürlich auch erlaubt 🙂 Ein ‚Uferweg’ entlang des Hochufers durch die Buschlandschaft führt zum verträumten Fischerdorf ->Vitt. Nach einem Fischbrötchen geht es dann wieder mit dem Bimmelbahn-Auto zurück zum eigenen.
Rügen geht allerdings nicht ohne den Höhepunkt: eine Wanderung durch den lichten Buchenwald immer entlang den Klippen der Steilküste des Jasmunder Nationalparks ->Stubnitz: zum ->Königsstuhl. Ausgangspunkt ist in aller Regel am Strand von Sassnitz. Der Weg ist ganz gut ausgeschildert. Nur das Ziel, der Königsstuhl, wird lediglich am Anfang erwähnt. Ansonsten Fehlanzeige. Kein Königsstuhl 🙁 Aber der Wanderer weiß ja, wohin er will 🙂 Der Weg ist ein Traum. Vorausgesetzt, das Wetter spielt mit. Man kann auch unten am Stein-Steilufer entlang gehen und später eine der Holztreppen zum Wanderweg emporkraxeln. Aber verpasst dann die äußerst pittoresken Ausblicke hinunter auf die weißen Steilfelsen, die schroffen Ab-hänge, die über die Felsränder ragenden Buchen –oder Kiefern- und den Steinstrand und last not least die Ostsee. Jeder Ausblick fast wie von -> Caspar David Friedrich gemalt. Nach gut 2,5 bis 3 Stunden ist man am Ziel. OK, die Imposanz dieser Felsformation erschliesst sich tatsächlich nur dem Betrachter aus einiger Entfernung von See her. Also guter Rat: beides machen: Bootsfahrt entlang der Kreidefelsen und Wanderung entlang der Felsen oben im Buchenwald. Schon das gefilterte Sonnenlicht auf dem Waldboden ist eine Pracht. Wer weniger Zeit zur Verfügung hat, dem sei geraten zum nördlichen Rand des Nationalparks zu fahren, Herthasee,Herthaburg, und von dort aus zum Königsstuhl zu wandern. Zurück entweder zu Fuß oder per ÖPNV nach Sassnitz.
Ach ja, da war noch was: die ->Feuersteinfelder bei Prora. Eigentlich nur eine Kieslandschaft mit grossen Steinfeldern mitten im Kiefernwald. Hier kann man wie die kleinen, oder mit den, Kinder mitten in den Steinen sitzen und suchen. Suchen in den feuersteinhaltigen Kalksteinen nach: ->Hühnergöttern. (Sollte man eigentlich liegen lassen.)
So, das waren in aller Kürze die wesentlichen Eindrücke unserer Ostsee-Urlaubstour 2019.
Wo war es schöner? Vergleich u.E. nicht möglich. Beide Ostsee-Inseln sind schön, jede auf ihre Art. Aber Usedom war schöner🙂
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