Was ist in Myanmar passiert?
(aus DER SPIEGEL, 1.Februar 2021)
Putschgerüchte kursierten schon seit Tagen. In der vergangenen Woche hatte es Proteste gegen die Regierung gegeben, kurzzeitig waren Panzer auf den Straßen der Metropole Yangon sowie der Hauptstadt Naypyidaw zu sehen.
Am Freitag erklärte Uno-Generalsekretär António Guterres, er verfolge die Entwicklungen »mit großer Sorge«. Myanmars Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing versuchte, die Bedenken zu zerstreuen: »Die Armee schützt die Verfassung von 2008 und wird sich an die Gesetze halten«, sagte er.
Entgegen dieser Zusicherung nahmen die Streitkräfte in der Nacht auf Montag schließlich Politiker und Aktivisten fest, darunter Suu Kyi und Präsident Win Myint. Die Telefonverbindungen in der Hauptstadt wurden zeitweise gekappt, der inländische Flugverkehr wurde ausgesetzt. Soldaten patrouillierten auf den Straßen von Yangon. Im Fernsehen rief das Militär den Notstand aus, der ein Jahr lang währen soll.
Der Zeitpunkt des Putsches ist kein Zufall. Am Montag hätte das neue Parlament zusammenkommen sollen, zum ersten Mal seit dem spektakulären Wahlsieg der NLD, die bei der Wahl im November einen Erdrutschsieg eingefahren hatte. Suu Kyis Partei hatte sich 396 der 476 zur Wahl stehenden Parlamentssitze gesichert. Die Union Solidarity and Development Party (USDP), die Stellvertreterpartei des Militärs, kam lediglich auf 33 Sitze.
Diese offenkundige Zurückweisung durch die Wähler hat bei der Führung der Streitkräfte fraglos Unmut ausgelöst. »Was wir hören, ist, dass das Militär den Eindruck hat, einen Gesichtsverlust erlitten zu haben«, sagt Hunter Marston, Südostasien-Experte an der Australian National University in Canberra.
In Folge seiner Wahlniederlage warf das Militär der NLD-geführten Regierung »Wahlbetrug« vor. Die Regierung widerspricht dem.
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